Wer die Thesen der "Filinu-Diät" verinnerlicht hat, weiß, dass der Mensch immer dann nicht glücklich leben kann, wenn er die Billionenschar seiner Mitbewohner auf seiner Haut und vor allen Dingen in seinem Darm - und deren Bedürfnisse - einfach ignoriert.
Dass das "Fi" am Anfang des Namens dieser Diät steht, ist deshalb kein Zufall: "Fi" steht für Fibres, dietary fibres, was auf deutsch Nahrungsfasern bedeutet. "Nahrungsfaser" wiederum ist das klügere, weil sachlich richtigere Wort für die guten, alten Balaststoffe.
Sie sind das Hauptnahrungsmittel unserer "Darmflora".
Noch so ein Wort, das dem Fortschritt der Wissenschaft nicht standhalten konnte. Denn die Flora, das ist das Pflanzenreich! Aber Mikroben sind keine Pflanzen, wissen wir inzwischen. Trotzdem wäre auch "Darmfauna" nicht richtig, denn diese Einzeller gehören auch nicht dem Tierreich an, sondern einem dritten Bereich des Lebens, der irgendwie zwischen diesen beiden Bereichen liegt.
Die Symbiose mit diesen urtümlichsten Erscheinungsformen des Lebens hat nicht erst der Mensch für sich "erfunden", er hat diese vielmehr von seinen Säugetier-Vorfahren bereits geerbt. Und diese wiederum von ihren Vorfahren aus der Saurierzunft.
Überhaupt hat das Leben wohl mit diesen Einzellern begonnen - zumindest muss die Arbeitshypothese mit dem Lehm und der Rippe heutzutage als wissenschaftlich zu wenig exakt betrachtet werden, ;-).
Es wäre deshalb gar nicht so abwägig, die offizielle Nomenklatur umzudrehen: Nicht wir Menschen und alle anderen höheren Tiere sind von Mikroben besiedelt, sondern eine Billion Mikroben sind besiedelt von etwa 100 Milliarden Körperzellen - auf eine zugegebenermaßen recht pfiffigen Art und Weise.
Dass diese Mikroben sogar die Evolution der höheren Tieren entscheidend gesteuert haben könnten, wurde hier bereits an anderer Stelle in diesem Blog besprochen. Eine relativ neue Forschung unterstützt diese These und erweitert sie sogar:
Mit der Übertragung von Milchzucker spaltenden Mikroben beim Geburtsvorgang, wird wohl die Fähigkeit von Säugetieren, diesen Milchzucker spalten zu können, von der Mutter ihren Kindern "vererbt".
Und nicht nur diese Milchzucker-Mikroben werden so vererbt, sondern hunderte vielleicht sogar tausende anderer Spezies, die zur gesunden Besiedelung des bis dahin keimfreien Darmes und der keimfreien Haut eines Säuglings führen - wenn ...
Ja, wenn der Säugling auf normalem Wege das Licht der Welt erblickt hat!
Denn in innigen Kontakt mit den Mikroben der Mutter kommt er nur, wenn er sich durch den Geburtskanal gezwängt hat. Dieser ist mit einem Bakterienrasen ausgekleidet, dessen Konzistenz der eines Joghurts nicht unähnlich ist. Dieser Bakterienrasen saugt sich gierig an jeder Hautfalte des Säuglings fest - und mehr noch, der Säugling verschluckt auf seinem Weg nach draußen einen Teil dieser Bakterienpaste.
Dass Allergien, Asthma, Neurodermitis und ähnliche Krankheitsbilder in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen haben, führen die Mediziner auf die explosionsartige Zunahme von Kaiserschnitt-Geburten zurück. Dabei kommt der Säugling nicht nur nicht mit dem gesunden Mikrobencocktail aus dem Geburtskanal der Mutter in Berührung, vielmehr siedeln sich stattdessen vermehrt Mikroben der mütterlichen Haut, aber auch Hautbakterien und Fäkalbakterien der anwesenden Ärzten, Hebammen und Krankenschwestern auf seiner Haut an und irgendwann auch in seinem Magen und Darm.
Die falschen Mikroben!
In den USA versucht man diesem unerwünschten Prozess entgegenzuarbeiten. Kurz vor der Geburt des Kindes durch Kaiserschnitt plaziert man eine Art Tampon in der Scheide der Mutter. Mit diesem reiben die Ärzte so schnell wie möglich nach der Geburt über die Haut des Säuglings und in seinen Mundraum, in der begründeten Hoffnung, dass sich die "gesunden" Mikroben der Mutter so gegen unerwünschte Fremdmikroben aus dem Kreißsaal durchsetzen werden.
Kurzer Sinn langer Rede an alle "Kerle und Kerlinnen", für die die "Filinu-Diät" entwickelt wurde: Glatter Unsinn wäre es deshalb, seine Darmmitbewohner nicht ernst zu nehmen. Unsinn wäre es auch zu glauben, diese durch beharrliches Ignorieren abschaffen zu können - ungestraft.